Fragen über Fragen muss beantworten, wer sich in Schwyzer Gemeinden einbürgern lassen will. Was von Gesuchstellern verlangt wird, hat der ‹FS› verglichen. Die Unterschiede sind frappant, die Anforderungen mancherorts übertrieben hoch.

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Von Matthias Niederberger und Fabian Duss

Wer als Schweizerin geboren wird, muss nichts über die Schweiz wissen. Selbst wenn man noch nie vom Matterhorn gehört hat, weder ein Grundrecht noch einen Bundesrat kennt, kann einem der rote Pass nicht entzogen werden. Er ist so etwas wie ein Geschenk. Für Eingebürgerte hingegen ist er eher ein Diplom. Denn wer Schweizer werden möchte, muss während des Einbürgerungsverfahrens unzählige Fragen beantworten können.
Einer, der unbedingt Schweizer werden wollte und es auch wurde, ist Christian Wehr: Kieferorthopäde, 50 Jahre alt, zwei Kinder, ein Doktortitel. Wehr wuchs in Deutschland auf, 2004 kam er in die Schweiz, seit 2011 wohnt er in Küssnacht. Weil er sich hier zu Hause fühlt, reichte er 2020 sein Einbürgerungsgesuch ein. «Der Bezirk hat mich von Anfang an unterstützt und Hilfe angeboten», sagt Wehr. Dennoch war seine Einbürgerung kein Selbstläufer: Drei Monate bereitete er sich auf die schriftliche Prüfung und das Einbürgerungsgespräch vor. Um zu lernen, opferte Wehr zwei Wochen Ferien.

«Das Einbürgerungsgespräch in Küssnacht war absolut fair.»
Christian Wehr, eingebürgerter Schweizer

Nachdem er die schriftliche Prüfung in Pfäffikon bestanden hatte, folgte das Einbürgerungsgespräch in Küssnacht. Auf die Frage, an was er sich erinnere, sagt Wehr: «Es sassen sehr viele Leute im Raum. Zuerst war ich eingeschüchtert. Aber alle waren ganz nett, so dass meine Nervosität schnell verflog.» Die Behördenmitglieder hätten vor allem wissen wollen, ob er sich in der Gegend auskenne und das politische System verstehe. Das findet Wehr wichtig und richtig. Man sei ihm stets auf Augenhöhe begegnet und habe keine einzige Frage gestellt, die er als spitzfindig oder unangebracht erachte. Wehrs Fazit: «Das Einbürgerungsgespräch in Küssnacht war absolut fair.»

«Ich habe Angst bekommen»
Eine 20-minütige Autofahrt von Küssnacht entfernt liegt Schwyz. Hier, im Hauptort des Kantons, machte Rubar Ak ganz andere Erfahrungen. Ihre Geschichte erzählte sie auch schon der Online-Plattform ‹einbürgerungsgeschichten.ch›. Ak ist Kurdin aus der Türkei. Sie wuchs in Schwyz auf, besuchte dort die Schule und machte am Kollegium die Matura. Nach ihrem Abschluss beschloss sie, den Schweizer Pass zu beantragen: «Ich wollte endlich abstimmen können. Die politischen Rechte sind mir wichtig.»
Auch Ak musste zuerst in Pfäffikon eine schriftliche Prüfung ablegen. Als sie dann im Sommer 2022 bei ihrer Gemeinde zum Einbürgerungsgespräch erschien, wurde sie von elf Personen empfangen, die Tische zum Hufeisen formiert, sie in der Mitte. Laut Ak war eine der ersten Fragen: «Haben Sie Schulden?» Damit habe der fragenstellende Gemeinderat auf die Sozialhilfe angespielt, die ihre Eltern bezogen hätten, als sie selbst noch zur Schule gegangen sei. Die ausführlichen Informationen dazu hatte die Einbürgerungskommission bereits. «Das hat mich eingeschüchtert. Ich habe richtig Angst bekommen, dass ich mich jetzt rechtfertigen muss.»
In der Folge hätten die Fragensteller ihre Kenntnisse über Bund und Kanton überprüft, obwohl dies bereits in Pfäffikon geschehen sei und sie die Prüfung bestanden habe. Ak sagt: «Eigentlich war es kein Gespräch, sondern ein Frage-Antwort-Spiel.» Statt den angekündigten 45 Minuten habe das Gespräch weit über eine Stunde gedauert. Die letzten Fragen hätten sie besonders geärgert, beispielsweise: «Glauben Sie, dass die Schweiz noch mehr Einwanderung verträgt?» Ihre Antwort, dass man in der Schweiz Verantwortung trage und viele Menschen keine andere Wahl hätten, als zu flüchten, sei bei einigen im Gremium wohl nicht gut angekommen, sagt Ak.

«Man muss mich nicht an jeder Hundsverlochete antreffen, damit ich eine gute Schweizerin bin.»
Rubar Ak, eingebürgerte Schweizerin

Ausserdem sei sie zu lokalen Bräuchen, Klöstern, ihrem Beziehungsstatus und ihrem Ausgangsverhalten befragt worden. Auf die Frage, wie sie ihre Religion auslebe, habe sie gesagt, das sei eine Sache zwischen ihr und Gott. Zuletzt habe sie fünf Kolleginnen mit Vor- und Nachnamen aufzählen müssen. Ak kalkulierte: «Ich habe jene mit den urchigsten Namen genannt.» Nach dem Gespräch habe sie sich miserabel gefühlt. Sie sei in Schwyz aufgewachsen und mit den lokalen Gepflogenheiten vertraut. Die Art und Weise der Befragung habe sie richtig verletzt. Ak findet: «Man muss mich nicht an jeder Hundsverlochete antreffen, damit ich eine gute Schweizerin bin.» Das Gespräch habe sie nicht beanstandet, aus Angst, den Schweizer Pass nicht zu bekommen. Als sie ihn dann in den Händen hielt, war sie erleichtert.
Christian Wehrs und Rubar Aks Erfahrungen könnten unterschiedlicher nicht sein, obwohl sie im gleichen Kanton wohnen, dem gleichen Gesetz unterstehen, den gleichen Pass begehrten. Wie kann das sein?

2000 Gemeinden, 2000 Verfahren
Wer eingebürgert werden will, muss seit mindestens zehn Jahren in der Schweiz wohnen, wobei die Jahre zwischen 8. und 18. Lebensjahr doppelt zählen. Im Kanton Schwyz muss man ausserdem fünf Jahre ununterbrochen am gleichen Ort wohnen. Einbürgerungswillige reichen ein Gesuch bei ihrer Gemeinde ein. Anschliessend wird es im Amtsblatt publiziert.
Sowohl der Bund, die Kantone als auch die Gemeinden sind in das Einbürgerungsverfahren involviert, wobei letztere viel Autonomie geniessen. In der Schweiz gibt es rund 2000 Gemeinden und dementsprechend 2000 verschiedene Einbürgerungsverfahren. Die Anforderungen und Rahmenbedingungen unterscheiden sich von Kanton zu Kanton. In Schwyz müssen die Einbürgerungswilligen über Grundkenntnisse der gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse in der Schweiz, im Kanton Schwyz und in der Gemeinde verfügen. Ausserdem müssen sie mit den Lebensgewohnheiten, Sitten und Gebräuchen vertraut sein. Die Kenntnisse über Bund und Kanton werden meistens schriftlich am Berufsbildungszentrum in Pfäffikon oder Goldau geprüft, jene über die Gemeinde mündlich am Einbürgerungsgespräch. Einige Gemeinden prüfen sämtliche Inhalte mündlich.
Fast überall wird ein Fragenkatalog verwendet. In einigen Gemeinden hält man sich strikt daran, andernorts dient er bloss als Leitfaden. Der ‹FS› hat alle 30 Schwyzer Gemeinden um Einsicht in den Fragenkatalog gebeten. Er stützte sich dabei auf das Öffentlichkeitsprinzip, das besagt, dass Dokumente der Verwaltung grundsätzlich offenzulegen sind. Bei der ersten Anfrage im Oktober 2020 verweigerten nahezu alle Gemeinden den Zugang. Nach mehrfachem Nachhaken haben zwei Drittel den Fragenkatalog geschickt oder dem ‹FS› Einsicht gewährt. Einsiedeln, Schübelbach, Freienbach, Wangen, Tuggen und Galgenen weigern sich auch nach einer Einsichtsempfehlung des Schwyzer Öffentlichkeitsbeauftragten (siehe Making-of der Recherche).
Riemenstalden, Innerthal und Illgau verwenden keinen Fragenkatalog, da sie kaum Einbürgerungsgesuche haben. Schwyz hat die Entscheidung vertagt. Auf seine Nachfrage von Anfang Juni wird der ‹FS› frühestens Ende August eine Antwort erhalten. Die Einbürgerungsbehörde überarbeitet derzeit ihren Fragenkatalog.

Sieben Gemeinden haben Quoten
In den meisten Gemeinden gibt es am Einbürgerungsgespräch keine Mindestzahl an Fragen, die man korrekt beantworten muss. Es zählt der Gesamteindruck. So auch in Küssnacht: Am Einbürgerungsgespräch werden rund 24 Fragen gestellt. Die Antworten werden nicht mit Punkten bewertet.
Küssnacht zählt zu den wenigen Schwyzer Gemeinden, die dem ‹FS› ohne Umschweife Einsicht in den Fragenkatalog gewährten. Da Wissen zu Bund und Kanton zuvor am Berufsbildungszentrum abgefragt wird, umfasst er fast ausschliesslich Fragen zum Bezirk. Es gibt mehrere Versionen, darunter eine, die sich spezifisch an Kinder und Jugendliche richtet. Erwachsene werden beispielsweise nach der Bedeutung der Hohlen Gasse oder nach geografischen Gegebenheiten wie den Nachbargemeinden gefragt. Auch was die Namen der örtlichen Parteien oder aktuelle Bezirksabstimmungen betrifft, sollte man informiert sein, wenn man sich in Küssnacht einbürgern lassen möchte. Hinzu kommen einige persönliche Fragen: Weshalb man sich einbürgern lassen will oder was einem mit dem Heimatland verbindet beispielsweise.
In anderen Gemeinden wie Muotathal zählt nicht der Gesamteindruck. Dort spricht man von der mündlichen Befragung als «weiteres Eignungskriterium». Auch in Muotathal gebe es keine Quoten, das Resultat fliesse in die Gesamtbeurteilung ein, heisst es auf Anfrage. Grössere Gemeinden wie Arth, Schwyz, Ingenbohl oder Einsiedeln sehen ebenfalls von einer Quote ab. Aus Oberiberg heisst es, man habe zwar keine festgeschriebene Quote, «wenn jedoch zur Hälfte aller Fragen keine brauchbare Antwort vorliegt, sinken die Chancen auf eine positive Beurteilung stark.»
In sieben von dreissig Schwyzer Gemeinden gibt es eine Mindestquote an Fragen, die korrekt beantwortet werden müssen. Das ist zum Beispiel in Schübelbach, Tuggen und Unteriberg der Fall, da dort auch nationales und kantonales Wissen am Einbürgerungsgespräch getestet wird.
Am Berufsbildungszentrum müssen die Kandidaten 60 Prozent der Fragen richtig beantworten. Werden die Kenntnisse zu Bund und Kanton hingegen von der Gemeinde überprüft, liegt die Mindestquote oft höher. In Schübelbach müssen die Einbürgerungswilligen 75 Prozent der Fragen korrekt beantworten, ebenso in Vorderthal: Dort wird dies jedoch zusätzlich zum schriftlichen Test am Berufsbildungszentrum verlangt. In mehreren Gemeinden wird kantonales und eidgenössisches Wissen am Einbürgerungsgespräch erneut getestet, obwohl die Kandidaten bereits ein schriftliches Examen bestanden haben.

Könige, Kuhfarben und Chlefäli
Vergleicht man die Fragenkataloge der Schwyzer Gemeinden, fallen zunächst die quantitativen Unterschiede auf. Während der Katalog in Gersau gerade einmal 33 Fragen umfasst, kann sich die Bürgerrechtskommission in Feusisberg aus insgesamt 380 Fragen bedienen. Grosse Unterschiede gibt es auch, was den Inhalt betrifft. Politische, geschichtliche und geografische Gegebenheiten werden in sämtlichen untersuchten Gemeinden überprüft. Mancherorts geschieht dies, wie in Küssnacht, eher oberflächlich: Es reicht, die Nachbargemeinden oder einige Sehenswürdigkeiten mit geschichtlichem Hintergrund zu nennen. Die Fragen lassen dem Befragten einen gewissen Spielraum.

«Was sind Chlefäli?»
Einbürgerungsbehörde Oberiberg

Andernorts sind die Fragen spezifischer. In Oberiberg muss man wissen, wo die ‹Chäseren› und wo das ‹Gschwänd› liegen. Ausserdem sollte man die Begriffe ‹Chlefäli› und ‹Oberällmiger› erklären, «die einheimische Rockgruppe» nennen und die häufigsten Familiennamen in der Gemeinde aufzählen können. Es stellt sich die Frage, ob solches Wissen tatsächlich relevant ist, um eine gute Integration nachweisen zu können. Oder anders gefragt: Ist jemand schlecht integriert, wenn er oder sie nicht weiss, dass es sich bei ‹Chlefäli› um ein Paar Holzplättchen handelt, die als Rhythmusinstrument in der Schweizer Volksmusik eingesetzt werden? Oberiberg begründet die Auswahl der Fragen damit, dass man einen Eindruck erhalten wolle, wie tief die kommunalen Kenntnisse der befragten Person reichen.
Vielen Schwyzer Gemeinden scheint es wichtig, dass ihre künftigen Bürgerinnen und Bürger über das lokale Brauchtum Bescheid wissen. Fragen zu Fasnacht und Volksmusik sind besonders beliebt. In Lauerz sollte man unter anderem wissen, was ein ‹Ländler› ist. Ausserdem wird dort Einbürgerungskandidaten folgende Frage gestellt: «In der Schweiz gibt es keinen König, ausser bei einer typisch schweizerischen Sportart. Welche?». Die Frage ist einigermassen umständlich formuliert und dürfte für Personen, die sich nicht für Schwingen interessieren, schwer zu beantworten sein. Gemeindeschreiber Franz Müller sagt dazu: «Diese beiden Fragen sind nicht die wichtigsten.» Man könne in Lauerz unter Umständen auch eingebürgert werden, wenn man auf sämtliche Fasnachts-, Folklore- und Brauchtumsfragen keine Antwort wisse.

«Welche Farbe haben die meisten Kühe im Muotatal?»
Bürgerrechtskommission Muotathal

Eine eigenwillige Auffassung von guter Integration scheint man in Muotathal zu haben. «Welche Farbe haben die meisten Kühe im Muotatal?» wird dort gefragt. Der Gemeindeschreiber sagt auf Anfrage, mit der Frage werde lediglich geprüft, «ob die Personen in die kommunalen Verhältnisse eingegliedert sind».
Die Gemeinden geniessen in der Schweiz viel Freiheit, was die Gestaltung des Einbürgerungsgesprächs betrifft. Immer wieder landen Fälle vor Gericht, Gemeinden werden von höheren Instanzen zurückgepfiffen. 2019 wurde die Gemeinde Arth gerügt, weil sie ein einzelnes Integrationskriterium überbewertete und einer Person die Einbürgerung verweigerte. Dies unter anderem, weil sie nicht wusste, dass Bären und Wölfe im Tierpark Goldau im gleichen Gehege leben. Mittlerweile wurde die Frage angepasst: Die Einbürgerungswilligen dürfen jetzt zwei im Tierpark beheimatete Tiere nach freier Wahl aufzählen.
Das Bundesgericht hält in seinem Entscheid fest, dass es sich bei den Einbürgerungsvoraussetzungen «nicht um ein Fachexamen, bei dem sich Kandidierende über Spezialkenntnisse und -begriffe auszuweisen haben» handle. Wenn nun eine Gemeinde nach ‹Chlefäli› oder ‹Oberällmiger› fragt, wird dieser Grundsatz strapaziert. Spitzfindigkeiten, so das Bundesgericht unmissverständlich, hätten im Einbürgerungsverfahren keinen Platz. Es dürfe von den Einbürgerungswilligen nicht mehr verlangt werden, als auch von einem durchschnittlichen Schweizer mit Wohnsitz in der Gemeinde vernünftigerweise erwartet werden dürfte.

«Spitzfindigkeiten haben im Einbürgerungsverfahren keinen Platz und
die Ansprüche an das Wissen der Gesuchsteller dürfen nicht überhöht werden.»
Bundesgericht, Urteil 1D_1/2019

Wenn Einbürgerungswillige in Feusisberg das Subsidiaritätsprinzip erklären oder das Jahr nennen müssen, in dem die Schweiz der UNO beitrat, sind Zweifel angebracht, ob diese Fragen von einem durchschnittlichen Schweizer beantwortet werden können. Gleiches gilt, wenn man als Einbürgerungswilliger erklären soll, was es bedeutetet, dass es sich bei Muotathal um eine sogenannte «Nehmergemeinde des kantonalen Finanzausgleichs» handelt. Wer Feusisberger oder Muotathaler werden will, muss offensichtlich mehr wissen, als so mancher Feusisberger oder Muotathaler weiss.
Bei der Gemeinde Feusisberg ist man anderer Auffassung. Die Frage nach dem Subsidiaritätsprinzip sei zwar anspruchsvoll, könne aber durchaus gestellt werden, da es sich um ein wichtiges politisches Konzept handle. Mit der Frage nach dem UNO-Beitrittsjahr der Schweiz, «ein wichtiges historisches Ereignis», liessen sich Kenntnisse über Geschichte und Politik überprüfen. Laut dem Gemeindeschreiber beantworteten fast alle Einbürgerungskandidaten die beiden Fragen korrekt. Nach dem Gespräch gebe es jeweils die Möglichkeit ein Feedback zu geben. Dieses rege die Kommission an, ihre Fragen anzupassen und die Gesprächsinhalte zu verbessern.

Spezifische Fragen für Muslime
Eher in die Kategorie ‹skurril› fällt eine Frage aus dem Katalog von Unteriberg: «Wenn Sie sich für einen der beiden Pässe entscheiden müssten, für welchen würden Sie sich entscheiden?» Da in der Schweiz die Doppelbürgerschaft erlaubt ist, müssen sich Eingebürgerte diese Frage in Realität niemals stellen. Sie ist rein hypothetisch. Darauf angesprochen, was der Sinn dieser Frage sei und wie sie gewertet werde, erklärt der Gemeindeschreiber: «Keine Wertung, Frage wird nicht (mehr) gestellt.»
Mehrere problematische oder gar diskriminierende Fragen weist der Fragenkatalog von Rothenthurm auf. Einige sind mit dem Wort ‹Muslime› vermerkt, etwa: «Wie stellen Sie sich zum Thema, dass Mädchen den Schwimmunterricht besuchen müssen?». Ebenfalls nur an Muslime richtet sich folgende Frage: «Offenbar ist es für muslimische Frauen streng verboten, nicht-muslimische Männer zu heiraten. Umgekehrt darf jedoch ein muslimischer Mann eine nicht-muslimische Frau heiraten. Wie stellen Sie sich dazu? Finden Sie dies nicht eine Diskriminierung und Herabsetzung von Nicht-Muslimen?» Auch im Katalog von Morschach findet sich die Frage nach dem Schwimmunterricht, ebenso die offensichtlich an muslimische Frauen gerichtete Frage, ob man ein Kopftuch trage. Im Fragenkatalog, den der ‹FS› ursprünglich von der Gemeinde Rothenthurm erhielt, konnte die Antwort mit Plus und Minus beurteilt werden. Auf die Nachfrage, welche Bewertung es nach sich ziehe, wenn man ein Kopftuch trage, antwortete die Gemeindeschreiberin: «Nach Rücksprache mit unserer ehemaligen Vorsitzenden der Bürgerrechtskommission wurden diese Fragen nie gestellt, weil sie entweder keinen Sinn machen (Schwimmunterricht) oder nicht angemessen sind (Kopftuch).» Weshalb die Fragen trotzdem den Weg in den Katalog fanden, bleibt Rothenthurms Geheimnis.

«Finden Sie, dass es noch mehr Zuwanderung in die Schweiz geben sollte?»
Einbürgerungsbehörde Rothenthurm

Der Katalog von Rothenthurm enthält ausserdem mehrere suggestiv formulierte Meinungsfragen wie «Finden Sie, dass es noch mehr Zuwanderung in die Schweiz geben sollte?» oder «Was ist Ihre Meinung zum Finanzausgleich des Kantons Schwyz, der ja sehr viel einzahlen muss?» Für die Frage «Wie stehen Sie zum Gedanken, dass in der Schweiz junge Frauen und Männer ihren zukünftigen Partner selbst kennenlernen und heiraten dürfen?» gibt es eine mit dem Wort ‹provokativ› deklarierte Variante, die lautet: «Finden Sie es richtig, dass Väter für ihre Töchter einen zukünftigen Ehemann aussuchen?»
Immerhin: In Rothenthurm scheint man sich der Problematik inzwischen bewusst. Nachdem der ‹FS› die Gemeinde mit Nachfragen eindeckte, gestand die Gemeindeschreiberin Fehler ein: «Es ist so, dass es zum Teil Fragen auf dem Fragebogen hat, welche wirklich nicht gestellt werden sollten.» Man werde den Katalog in der Einbürgerungsbehörde besprechen und entsprechend anpassen. Auch wenn mehrere andere Gemeinden, darunter Morschach, ebenfalls angekündigt haben, ihren Fragenkatalog zu überarbeiten, wird im Kanton Schwyz ein beachtlicher Variantenreichtum bestehen bleiben. Wer hier eingebürgert werden will, sollte seinen Wohnort mit Bedacht wählen.

Einen Kommentar zu den Einbürgerungsgesprächen in den Schwyzer Gemeinden
finden Sie in unserer aktuellen Freitagsausgabe respektive hier.

Dieser Beitrag wurde durch den Recherche-Fonds von investigativ.ch/Daniel Brunner finanziell unterstützt.